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Samstag, 14. April 2018

Club der Konventler

Das  erste Mal, dass ich dich in unserem Stadtbild wahrgenommen habe hat mich ziemlich erschreckt.Du, fast 2 m groß abgemagert bis auf die Knochen ziemlich ungepflegt und irgendwie steht’s einen verhaltenen Blick. Deine Kleidung viel zu So ungefähr drei Größen zu groß aus, was dich irgendwie noch dürrer machte.

Dein Geschäft lag fast neben uns.Das Antiquriat am Dom mit seiner großen Auslage an Kupferstichen. Ich kann bis heute nicht verstehen warum sich Menschen für sowas begeistern können, aber Geschäcker sind ja bekanntlich verschieden. Nebenbei kosten die Dinger ein Vermögen, aber Prada Schuh sind auch nicht günstig.
Irgendwie, durch einen Zufall lernte ich  dich, dann besser kennen.
Opa fand deine alten Bücher immer Klasse und stand abends bei dir im Laden und winkte mich rein.
Puhh, die Luft in diesem engen Raum mit all der Weisheit auf vergilbtem Papier verschlug mir fast den Atem.
Irgendwas lag da noch in der Luft, aber ich war mir nicht sicher, was es war.
Du hast eine Flasche Sekt geöffnet um mit mir auf unser kennenlernen anzustoßen.
Was für eine freundliche Geste.

Wir unterhielten uns sehr lange und ich war wirklich sehr angetan von all deinem Wissen deinen Geschichten und vor allem deiner sanften Freundlichkeit.
Du warst sehr streng gläubig und ich, na eben das ganze Gegenteil.
Dreimal die Woche um 18 Uhr versammelte sich die Gläubigkeit bestehend aus dem Bischof drei Prälaten einem Ehemaligen Schulleiter einem Tuchhändler einem Kapitän  einem kleinen Fellknäul Herr von Scampi und meiner Wenigkeit der Frau Baroness.
Die Aufnahme in die illustre Runde wurde mit Messwein und Vergabe eines Titels zelebriert.
Du warst unser Präsident, aber die Titelvergabe überließen wir unserem lieben Prälat Roland.
Ein Gläubiger Schlem vor dem Herren. Mit einem Riesen großen Herzen unübertrefflicher Intelligenz und dem Humor eines Komikers.

Wir haben meistens heftig diskutiert in unserer Runde, aber es war immer eine schöne Zeit.
Eine Zeit in der wir alle, wenn auch so verschiedenen sehr eng zusammenrückten.
Wir wussten alle, das du unser Präsident nicht mehr lange leben würdest.
Du hattest Darmkrebs einen künstlichen Ausgang und er hat sich ausgebreitet.
Was du uns allen natürlich verschwiegen hast, aber wir ahnten es dennoch.
Du hast uns immer erzählt deine Werte seinen sehr gut und es würde bergauf gehen.
Innerhalb kürzester Zeit habe ich  mein ganzes Herz an dich verloren mein bester Freund für ein Jahr.
Wir haben uns gemeinsam organisiert um dich zu stützen. Der Kapitän hat deinen Laden am laufen gehalten, wenn du im Krankenhaus warst. Konnte dieser nicht, hat der Tuchhändler oder Frau Baroness mit Herrn von Scampi die Schicht übernommen.
Unsere Gläubigen haben mit dir gebetet. Ich habe mich um deine Wohnung und deine Kleidung gekümmert und kam nicht zum Beeten, aber zum Reden.

Dein letztes Weihnachten.
Genau wie der Kapitän alias mein Opa sich jährlich weigert zu kommen hast du es auch getan.
Da ich in der Regel aber nicht locker lasse habt ihr dann Schlussendlich doch eingewilligt zu kommen.
Es war ein ausgesprochen verrückter Abend. Ich habe aufgetischt als gäbe es kein Morgen mehr obwohl mir ziemlich bewusst war, dass du nichts essen würdest.
Gegessen haben wir auch kaum, aber dafür eine Masi Amarone platt gemacht.
Du wolltest unbedingt Peter Hoffmann hören und so saßen wir mit Peter laut singend in unserer Küche und lachten träumten und weinten gemeinsam.

Sommer

Dir ging es überhaupt nicht gut. Ich war mittags noch in der Apotheke um dir Aufbaukost zu besorgen und mir war irgendwie auch klar, dass du sie eh nicht anfassen würdest, aber irgenwas musste ich doch tun um dein sterben aufzuhalten.
Wir haben einen Pflegedienst organisiert der fünf mal am Tag zu dir kam.
Opa hatte den Laden gut im Griff.
Die Gläubigen Beeten fleißig, aber ich könnte mir die Bemerkung der ausbleibenden Wirkung nicht verkneifen. Roland meinte, Frau Baroness verstehen Sie doch..... natürlich Verstand ich, aber ich war einfach außerstande zu Wollen.

Samstag high live im Geschäft.
Mein Telefon klingelte.
„Alexa, magst du zu mir kommen“
Du lagst schon wieder in der Klinik.
Eigentlich hatte ich alles außer Zeit, aber das war Nebensache.
Du warst so fit an diesem Tag.
Wir haben so viel gelacht soviel Spaß gehabt miteinander.
Ich habe dir meine riesige Sonnenbrille auf die Nase gesetzt mich in dein Bett gelegt und wir haben etliche Selfies geschossen.
Dein Stoma Beutel lief zu allem Überfluss auch noch über.
Nach mehrfachem Klingeln und ständigem vertrösten hab ich mir Handschuhe geschnappt und es selbst erledigt.
Frisch gebettet bist du zufrieden eingeschlafen.
Voller Freude habe ich abends dem Konvent berichtet, dass es dir soviel besser ginge.
Drei Tage später hast du uns alle nicht mehr erkannt und warst bereit zum gehen.

Roland ging 10 Monate nach dir.
Ich vermisse euch