Beliebte Posts

Sonntag, 21. Juni 2015

Der bunte Socken Mann 6.3

Vielleicht war es Gottes Fügung, dass ich genau diesem Arzt begegnen musste.
Obwohl ich in meiner Situation den göttlichen glauben gänzlich verloren hatte.
So war ich dennoch dankbar für seine Geduld, sein Verständnis, und vor allen Dingen dankbar, dass er meine Situation im vollen Umfang erkannte.
Er ließ sich nicht beeindrucken von Vaters Gerede.
Ließ sich das Familienglück nicht als das verkaufen,für das mein Vater es ausgab.
Ich habe in diesem Krankenhausaufenthalt so unheimlich viel Zeit mit diesen Menschen verbracht.
Er war der Chefarzt der Station 11.
Der Mann,der mit langen Haaren wehendem Kittel und bunten Socken über die Station lief.
Damals durfte noch geraucht werden im Krankenhaus und oft lud er mich auf eine Zigarette in sein Büro ein.
Wir rauchten,quatschten und tranken Kaffee.
Er war der Held meiner Kindheit, aber wie das mit den Helden so ist, sie müssen weiter ziehen um anderen zu helfen.
Er sorgte dafür,dass ich in eine Kinder und Jugend Psychatrie eingewiesen wurde. Ein guter Platz wie er mir versprach und ich glaubte ihm.
Er versprach mir,dass er mich besuchen kommen würde,aber leider hat er die Zeit dafür nicht gefunden.
Fest steht für mich jedoch auch heute noch ,er ist und er war für mich ein Held.

( März 2004)
Mich plagte eine Darmentzündung und leider Gottes musste ich ins Krankenhaus eingewiesen werden.
Es war das gleiche Krankenhaus wie früher.
Station 11
Ich erholte mich dank der Antibiotika Infusionen ziemlich schnell und wie damals war ich auch heute noch Raucher.
Nur leider hatte sich nach all diesen Jahren etwas zum Nachteil verändert!
" Es gab keine Raucherzimmer mehr"
So schnappte ich mir Zigaretten und Feuerzeug und war auf dem Weg zum Balkon.
An mir vorbei, lief ein Mann mit langen Haar , wehendem Kittel und bunten Socken.
Wir sahen uns in die Augen und ich blieb stehen.
" Herr Doktor rauchen Sie noch?"
Er sah mich an, öffnete seine Arme und schloss sie um mich.
Irgendwie magisch, dass er mich nach all den Jahren wieder erkannte, aber Helden vergessen ihre geretteten nur selten.
So gingen wir zusammen auf den Balkon und rauchten und quatschten und tranken Kaffee.









Samstag, 20. Juni 2015

Von blinden Hühnern und Körnern 6.2

Von Blinden die auch mal ein Korn und so....

Der Postbote kam morgens zur Tür rein und hatte einen Brief für mich in der Hand.
Zum Glück war ich in diesem Moment anwesend,denn sonst hätte mich dieser Brief wahrscheinlich nie erreicht.
Es war eine Zusage.
Ausbildung zur Bäckerei Fachverkäuferin.
Ich konnte mein Glück kaum fassen.
Endlich wenigstens für ein paar Stunden raus aus diesem Haus.
Die ersten Wochen lief eigentlich auch alles gut.
Ich war zwar müde durch die Doppelbelastung und durch den ständigen Stress in der Nacht ,aber ich hab's irgendwie immer wieder geschafft den Dienst hinter mich zu bringen.Es war meine Zukunft um die es nun ging.
Mein Ausweg aus dieser Hölle.
Ich versuchte immer mehr zu geben als andere um nicht auf mich aufmerksam zu machen.
Nur leider ließen mein Kräfte nach und die einfachsten Dinge wurden zur Hürde.
Es war wieder einer dieser Nächte. Vater betrunken der Kühler Osten ebenfalls.Jede Menge Streit und dieser Hotelgast mitten in der Nacht vor meinen Augen.Er wurde durch die lauten Schreie geweckt und fand so seinen Weg in unsere Privatwohnung.
Er fragte mich ob alles in Ordnung sei,und brav nickte ich fleißig mit dem Kopf.
Vater verlangte,er solle die Wohnung verlassen und wieder in sein Hotelzimmer zurück kehren und dies tat er dann auch.
Als ich morgens mit dem Bus zur Arbeit fuhr, war ich völlig entkräftet.
Ich war unglaublich müde fühle mich schwach und voller Angst.
Beim aussteigen aus dem Bus wurde mir schwindlig.Ich stützte  mich gegen den haltenden  Bus um nicht umzufallen,was mir auch gelang.
Auf der Arbeit angekommen,sollte ich die Tisch und Bänke mit warmen Wasser abwaschen.
Also schnappte ich mir einen Eimer füllte diesen mit Wasser und Spüli und begann zu wischen.
Wieder dieser Schwindel.Alles drehte sich um mich herum. Ich schnappte nach Luft immer tiefer und immer tiefer nach Luft.Es war als würde ich ersticken.
Ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten und japste immer weiter nach Luft.Bis ich schließlich das Bewusstsein verlor.
Ich wünschte mir in diesem Moment einfach nur noch eines! Endlich zu sterben!!!
Fort von dieser grausamen schrecklichen Welt.
Nur leider ,wie so oft ist das Leben kein Märchenfilm.
Meine Chefin rief den Notarzt.
In der Notaufnahme schrieb man ein EKG,kontrollierte den Blutdruck nahm mir Blut ab und man versuchte eins und das immer wieder.
Mit mir zu reden.
Ich wollte nicht mehr, wollte nie mehr reden,wollte einfach nicht mehr da sein verschwinden von dieser Welt.Alles ausblenden.
So schwiege ich und verweigerte jedes Essen.
Heute im Nachhinein muss ich sagen ,dass mein behandelnder Arzt wirklich eine wahre Wonne war.
Er kam sehr sehr oft zu mir.Setzte sich an mein Bett und war voller Geduld. Er redete mit mir,erzählte mir Geschichten und versuchte immer wieder mich zum reden zu bringen, aber ich schwieg.
Er nahm sogar sein Mittagessen in meinem Zimmer zu sich und schwärmte über die gute Küche.
Es gab Ravioli an diesem Tag.
Er deckte mein Tablett auf,sein Tablett auf und fing an zu essen.
Am fünften Tag hatte er mich dann soweit.
Er setzte sich an mein Bett zog seine Hose ein wenig hoch und zum Vorschein kam ,eine rote Socke links und eine grüne Socke rechts.
Ich musste schmunzeln.
Er schaute so komisch,dass er mich sogar zum Lachen brachte.
Und mit dem Lachen kamen die ersten Worte.


Mittwoch, 17. Juni 2015

6.1 Heimatglück

Ich wurde verlegt in ein kleines Zweibettzimmer mit Balkon. Meine Mitbewohnerin war eine 86-jährige alte Dame mit schlechtem Gesundheitszustand.Anfangs war ich ihr gegenüber sehr verhalten, aber schon nach kurzer Zeit änderte sich dies. Durch ihr flehen ihr ein Glas Wasser zu reichen, beim Aufsitzen im Bett zu helfen, beim Toilettengang behilflich zu sein und das anreichen der Mahlzeiten ließ uns einander näher kommen.
Ihre Dankbarkeit darüber, dass ich bei jedem kleinen Wort sofort an ihrem Bett stand,waren ein streicheln über meine Wange, ein halten meiner Hand, ein leise geflüstertes  Dankeschön. Es reichte aus um mein Herz mit Wärme zu füllen. Ich durfte sie sogar beim Gang zum Zahnarzt begleiten,denn sie bestand ganz einfach darauf.
So wurden wir morgens von den Sanitätern abgeholt in den Krankenwagen gebracht und ab zum Zahnarzt. Durch ihre Zahnoperation hat sie in der Nacht sehr sehr viel Blut verloren und es stand sehr kritisch um sie.
Meine Aufgabe in dieser Nacht war es,der Bluttransfusion nach zu sehen wie sie langsam durch den Schlauch in ihren Körper floss.
So saß ich also nachts am Bett,ihre Hand haltend und meine Augen auf die Transfusion gerichtet.
Gegen morgen war der letzte Tropfen geflossen und ich durfte die Klingel betätigen um die Schwester zu rufen.
Dass ich mich auf dieser Station der Beliebtheit der Schwestern erfreute,
 muss ich glaub ich nicht nebenbei erwähnen.
Ich hatte eine Aufgabe und ich hatte einen Menschen an meiner Seite,der mich brauchte.
Einen Menschen der morgens ,wenn er seine Augen öffnete und in mein Gesicht sah , strahlte.
Ich vergaß all die Schmerzen und all die Sorgen die ich hinter mir hatte und die mir bestimmt noch bevorstanden.
Gerne hätte ich Ewigkeiten in diesem Krankenhaus mit dieser alten Frau zusammengelebt.
Gerne hätte ich ihr mein Leben und meine Zukunft geschenkt und ihre verbessert.
Nur leider ist das Leben kein Märchenbuch. Bei der morgendlichen Visite eröffnete mir der Arzt, dass es nun an der Zeit sei mich wieder zu entlassen.
Nach Hause.
Es gab kaum einen Moment in meinem Leben in dem ich mich mehr gefürchtet habe wie in diesem Moment.
Ich packe meine Sachen zusammen suchte meine Buskarte raus verabschiedete mich bei meiner Familie.Meiner lieben alten Oma.
Es war unser letzter Abschied.
Als ich zu Hause war, schlug mein Herz bis in den Kopf hinein. Ich öffnete die Tür trat hinein.
Einige Gäste saßen an den Tischen und aßen zu Mittag.
Der kühle Osten!
"Na schau mal einer an, ist die kleine Nutte wieder zu Hause?"
"Wenn wir gewusst hätten das du dir das Leben nehmen möchtest, dann hätten wir dafür gesorgt dass du die richtigen Medikamente genommen hättest.Selbst dafür bist du zu blöd."
Willkommen zurück im Leben.