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Dienstag, 24. November 2015

Weihnachten im Irrenhaus


Die Klinik lag umringt von Bäumen mitten im Wald.
Es war der 22 Dezember und einige Patienten durften über Weihnachten zu den noch vorhandenen Familien.
Dort wo es eben noch Aussicht auf Familie gab. 
Der Rest von uns bastelte den ganzen Tag um den Schmuck für unseren Weihnachtsbaum fertig zu bekommen.
Es wurden Rezepte zusammen getragen und Entscheidungen über die Auswahl der zu backenden Plätzchen getroffen. Ich wollte Nussmarkronen.
Unsere Gruppe, von zwölf Christkindern wurde in zweigeteilt. Die eine Hälfte sollte am nächsten Tag den Baum schmücken und die andere kümmerte sich um das Backen der Plätzchen. Am Morgen des 23. hatte der Schnee die Bäume verzuckert und es fühlt sich wirklich an wie Weihnachten.
Wir bereiten das Frühstück zu gingen anschließend unseren Aufgaben nach.
Ich war in der Backtruppe.
Freude, denn ich war nicht alleiniger Liebhaber der Nussmarkronen.
Als die erste Ladung im Ofen langsam aufging,  war es ein wunderschönes Gefühl von Weihnachten. Der Duft zog durch das ganze Haus. Leise im Hintergrund gespielte Weihnachtsmusik und mittendrin Kinder, die nicht den Hauch von Traurigkeit verspürten.Man konnte es fühlen, dass es für sie, das erste ehrlich schöne Weihnachten war. Am Morgen des 24. gingen wir alle zusammen nach dem Frühstück auf zu einem langen Winterspaziergang im Schnee.
Am nachmittag bekamen wir Tee und Plätzchen.
In unserer kleinen Runde schauten wir uns dazu einen Märchen Film an.
Der Abend wurde gekrönt von einem guten Essen gemeinsamen Weihnachtsliedern und Gedichten.
Wir alle bekamen an diesem Weihnachtsfest das gleiche Geschenk.
Eines, das uns alle glücklich machte.
Ein Fest in Frieden und ohne Angst.

Sonntag, 23. August 2015

Gemeinsam besser als einsam

Irgendwie waren wir alle auf unsere besondere Art und Weise eine coole durchgeknallte Truppe.
Auch wenn es mir anfangs sehr schwer fiel dieses Leid zu ertragen.
Mich an die Schicksale der einzelnen heran zu tasten, um dann aber festzustellen ,dass geteiltes Leid ein leichteres ist.

Nehmen wir Emma:
14 Jahre alt und mitten in der Pubertät.
Schneeweiße lange Haare.
Ihre Idee und die daraus folgende Umsetzung ließ uns wirklich tagelang lachen.
Wer kennt sie nicht die Tönungscreme der Marke L'Oreal aus dem Supermarktregal.
Natürlich weiß man mit 14 noch nicht ,dass man aus weißem Haar keine Kastanienfarbe zaubert.
Schon gar nicht mit einer Tönungscreme.
Nun, das Ergebnis was soll ich sagen,es war zartes rosa.

Da hätten wir da noch den Bernd:
15 Jahre alt.
1.60 Groß mit 89 kg.
Im Kochunterricht war er der Held.
Er war der Nimmersatt.
Kochte man für vier und hatte Bernd in seiner Truppe musste man für fünf kochen,denn schon während der Zubereitung stopfte er alles mögliche in sich hinein.
Selbst die Handvoll getrocknete Chilis die ich ihm während des kochens reichte waren nicht sicher vor ihm.
Nun, was soll ich sagen! 
Sie bekamen ihm nicht besonders gut.

Dann war da noch Sabine:
15 Jahre alt und Raucher .
Genau wie ich!
Das Rauchen unter 16 war uns nicht erlaubt.
Also waren wir beide ständig auf der Flucht vor den Augen des Personals.
Was uns natürlich nicht immer gelang.
Es gab immer fürchterliche Strafarbeiten.
Ich glaube wir haben dieses ganze Haus von oben bis unten schon ganz geputzt.
Jede Schublade ausgeräumt und ausgewaschen und wieder eingeräumt.
Jedoch hinderte uns das nicht daran weiter zu rauchen.
Einmal bekamen wir zwei große Müllsäcke in die Hand gedrückt und mussten in den Wald laufen um Müll zu sammeln.
Dumm war ich wohl nicht.
Es gab eine Rehaklinik 1 km weiter den Berg hoch.
Mit einem schönen Kaffee und einer großen Terrasse.
Wir bestellten uns zwei Tassen Kakao und einen Aschenbecher.
Es war ein herrlicher Nachmittag und die Glimmstängel qualmten wie noch nie.
Hinter der Klinik gelegen waren die großen Müllcontainer.
Die Tüten waren relativ schnell voll !
Unser Erzieher fand es höchst merkwürdig was alles so im Wald herum lag.
Da waren Teebeutel ( Fencheltee ),
Joghurtbecher, Zeitschriften, Shampoo Flaschen, Katheterbeutel, Verbandsmaterial......
Nun denn, die Fenster waren auch schon lange nicht mehr geputzt worden!


A new home

Mitten im Wald gelegen, stand dieses große Haus umgeben von Bäumen, dass nun mein neues zu Hause werden sollte.
Vor der Tür spielten ein paar Kinder mit einem Ball.
Andere wiederum saßen auf Bänken und redeten miteinander.
Am Hauseingang stand eine freundlich lächelnde Frau mit langem rot gelocktem Haar.
Sie legt den Arm um mich.
Begrüßte mich und begleitete mich hinein.
Sie zeigte mir mein Zimmer, welches ein Zweibettzimmer war, dass ich mit einem jungen Mädchen teilen sollte.
Da saß sie auf dem Bett .
Carolin sechs Jahre alt mit einem Helm auf dem Kopf.
Es war als würde sie mich überhaupt nicht wahrnehmen.
Sie saß auf ihrem Bett wippte leicht nach vorne und nach hinten und starrte die Wand an.
Wir wurden einander vorgestellt, aber Carolin zeigte keine Regung.
Ich fragte mich nur,warum Sie diesen albernen Helm auf dem Kopf hatte.
Sie sah aus als würde sie jeden Moment zum nächsten Formel 1 rennen antreten.
Die Dame mit den langen locken zeigte mir das Haus.
Zwei Etagen. Einmal der offene Bereich und dann gab es noch den geschlossenen Bereich, für die besonders hilflosen Menschen.
Es gab einen großen Speisesaal .
Eine Küche in der wir die Speisen selbst zubereiteten.
Ein  Klassenzimmer, aber auch einen Fernsehraum.
Der Geschlossenenbereich wurde mir nicht gezeigt, aber an manchen Minuten des Tages versuchte man zu erahnen was dort oben los war.
Es gab laute Schreie und lautes Gebrüll.
Man versuchte einfach so gut es ging nicht darüber nachzudenken was auf Etage zwei los war und konzentrierte sich auf sich selbst.

Es dauerte nicht sehr lange und ich fand raus, dass Carolin keine Formel 1 Fahrerin war.
Der Helm diente einzig und allein ihrem Schutz.
Oft und besonders nachts bekam sie Wutanfälle und stieß sich immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand.
Jede Beruhigung meinerseits war sinnlos.
So ein junges Mädchen kaum sechs Jahre und so verzweifelt.
Meistens wurde ihr unter starkem Protest etwas gespritzt und sie kam dann endlich zur Ruhe.

So viele Schicksale waren unter diesem Dach vereint.

Eine vierjährige .
Ein wirklich aufgewecktes liebes kleines Mädchen.
Sie trug eine lange Narbe am Kopf, weil ihr Vater sie dort mit einem Messer verletzt.
" Papa aua macht"
Ein 14-jähriger Junge mit einer langen Narbe am Hals, weil er sich die Halsschlagader durchschneiden wollte.
Eine 13-jährige übersäht mit Narben, weil sie sich ständig selbst schmerzt zufügte um ihr Leben zu ertragen.
Ein 9-jähriger der einfach nicht sprechen wollte.
( bunter Socken Mann, du fehlst !)











Sonntag, 21. Juni 2015

Der bunte Socken Mann 6.3

Vielleicht war es Gottes Fügung, dass ich genau diesem Arzt begegnen musste.
Obwohl ich in meiner Situation den göttlichen glauben gänzlich verloren hatte.
So war ich dennoch dankbar für seine Geduld, sein Verständnis, und vor allen Dingen dankbar, dass er meine Situation im vollen Umfang erkannte.
Er ließ sich nicht beeindrucken von Vaters Gerede.
Ließ sich das Familienglück nicht als das verkaufen,für das mein Vater es ausgab.
Ich habe in diesem Krankenhausaufenthalt so unheimlich viel Zeit mit diesen Menschen verbracht.
Er war der Chefarzt der Station 11.
Der Mann,der mit langen Haaren wehendem Kittel und bunten Socken über die Station lief.
Damals durfte noch geraucht werden im Krankenhaus und oft lud er mich auf eine Zigarette in sein Büro ein.
Wir rauchten,quatschten und tranken Kaffee.
Er war der Held meiner Kindheit, aber wie das mit den Helden so ist, sie müssen weiter ziehen um anderen zu helfen.
Er sorgte dafür,dass ich in eine Kinder und Jugend Psychatrie eingewiesen wurde. Ein guter Platz wie er mir versprach und ich glaubte ihm.
Er versprach mir,dass er mich besuchen kommen würde,aber leider hat er die Zeit dafür nicht gefunden.
Fest steht für mich jedoch auch heute noch ,er ist und er war für mich ein Held.

( März 2004)
Mich plagte eine Darmentzündung und leider Gottes musste ich ins Krankenhaus eingewiesen werden.
Es war das gleiche Krankenhaus wie früher.
Station 11
Ich erholte mich dank der Antibiotika Infusionen ziemlich schnell und wie damals war ich auch heute noch Raucher.
Nur leider hatte sich nach all diesen Jahren etwas zum Nachteil verändert!
" Es gab keine Raucherzimmer mehr"
So schnappte ich mir Zigaretten und Feuerzeug und war auf dem Weg zum Balkon.
An mir vorbei, lief ein Mann mit langen Haar , wehendem Kittel und bunten Socken.
Wir sahen uns in die Augen und ich blieb stehen.
" Herr Doktor rauchen Sie noch?"
Er sah mich an, öffnete seine Arme und schloss sie um mich.
Irgendwie magisch, dass er mich nach all den Jahren wieder erkannte, aber Helden vergessen ihre geretteten nur selten.
So gingen wir zusammen auf den Balkon und rauchten und quatschten und tranken Kaffee.









Samstag, 20. Juni 2015

Von blinden Hühnern und Körnern 6.2

Von Blinden die auch mal ein Korn und so....

Der Postbote kam morgens zur Tür rein und hatte einen Brief für mich in der Hand.
Zum Glück war ich in diesem Moment anwesend,denn sonst hätte mich dieser Brief wahrscheinlich nie erreicht.
Es war eine Zusage.
Ausbildung zur Bäckerei Fachverkäuferin.
Ich konnte mein Glück kaum fassen.
Endlich wenigstens für ein paar Stunden raus aus diesem Haus.
Die ersten Wochen lief eigentlich auch alles gut.
Ich war zwar müde durch die Doppelbelastung und durch den ständigen Stress in der Nacht ,aber ich hab's irgendwie immer wieder geschafft den Dienst hinter mich zu bringen.Es war meine Zukunft um die es nun ging.
Mein Ausweg aus dieser Hölle.
Ich versuchte immer mehr zu geben als andere um nicht auf mich aufmerksam zu machen.
Nur leider ließen mein Kräfte nach und die einfachsten Dinge wurden zur Hürde.
Es war wieder einer dieser Nächte. Vater betrunken der Kühler Osten ebenfalls.Jede Menge Streit und dieser Hotelgast mitten in der Nacht vor meinen Augen.Er wurde durch die lauten Schreie geweckt und fand so seinen Weg in unsere Privatwohnung.
Er fragte mich ob alles in Ordnung sei,und brav nickte ich fleißig mit dem Kopf.
Vater verlangte,er solle die Wohnung verlassen und wieder in sein Hotelzimmer zurück kehren und dies tat er dann auch.
Als ich morgens mit dem Bus zur Arbeit fuhr, war ich völlig entkräftet.
Ich war unglaublich müde fühle mich schwach und voller Angst.
Beim aussteigen aus dem Bus wurde mir schwindlig.Ich stützte  mich gegen den haltenden  Bus um nicht umzufallen,was mir auch gelang.
Auf der Arbeit angekommen,sollte ich die Tisch und Bänke mit warmen Wasser abwaschen.
Also schnappte ich mir einen Eimer füllte diesen mit Wasser und Spüli und begann zu wischen.
Wieder dieser Schwindel.Alles drehte sich um mich herum. Ich schnappte nach Luft immer tiefer und immer tiefer nach Luft.Es war als würde ich ersticken.
Ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten und japste immer weiter nach Luft.Bis ich schließlich das Bewusstsein verlor.
Ich wünschte mir in diesem Moment einfach nur noch eines! Endlich zu sterben!!!
Fort von dieser grausamen schrecklichen Welt.
Nur leider ,wie so oft ist das Leben kein Märchenfilm.
Meine Chefin rief den Notarzt.
In der Notaufnahme schrieb man ein EKG,kontrollierte den Blutdruck nahm mir Blut ab und man versuchte eins und das immer wieder.
Mit mir zu reden.
Ich wollte nicht mehr, wollte nie mehr reden,wollte einfach nicht mehr da sein verschwinden von dieser Welt.Alles ausblenden.
So schwiege ich und verweigerte jedes Essen.
Heute im Nachhinein muss ich sagen ,dass mein behandelnder Arzt wirklich eine wahre Wonne war.
Er kam sehr sehr oft zu mir.Setzte sich an mein Bett und war voller Geduld. Er redete mit mir,erzählte mir Geschichten und versuchte immer wieder mich zum reden zu bringen, aber ich schwieg.
Er nahm sogar sein Mittagessen in meinem Zimmer zu sich und schwärmte über die gute Küche.
Es gab Ravioli an diesem Tag.
Er deckte mein Tablett auf,sein Tablett auf und fing an zu essen.
Am fünften Tag hatte er mich dann soweit.
Er setzte sich an mein Bett zog seine Hose ein wenig hoch und zum Vorschein kam ,eine rote Socke links und eine grüne Socke rechts.
Ich musste schmunzeln.
Er schaute so komisch,dass er mich sogar zum Lachen brachte.
Und mit dem Lachen kamen die ersten Worte.


Mittwoch, 17. Juni 2015

6.1 Heimatglück

Ich wurde verlegt in ein kleines Zweibettzimmer mit Balkon. Meine Mitbewohnerin war eine 86-jährige alte Dame mit schlechtem Gesundheitszustand.Anfangs war ich ihr gegenüber sehr verhalten, aber schon nach kurzer Zeit änderte sich dies. Durch ihr flehen ihr ein Glas Wasser zu reichen, beim Aufsitzen im Bett zu helfen, beim Toilettengang behilflich zu sein und das anreichen der Mahlzeiten ließ uns einander näher kommen.
Ihre Dankbarkeit darüber, dass ich bei jedem kleinen Wort sofort an ihrem Bett stand,waren ein streicheln über meine Wange, ein halten meiner Hand, ein leise geflüstertes  Dankeschön. Es reichte aus um mein Herz mit Wärme zu füllen. Ich durfte sie sogar beim Gang zum Zahnarzt begleiten,denn sie bestand ganz einfach darauf.
So wurden wir morgens von den Sanitätern abgeholt in den Krankenwagen gebracht und ab zum Zahnarzt. Durch ihre Zahnoperation hat sie in der Nacht sehr sehr viel Blut verloren und es stand sehr kritisch um sie.
Meine Aufgabe in dieser Nacht war es,der Bluttransfusion nach zu sehen wie sie langsam durch den Schlauch in ihren Körper floss.
So saß ich also nachts am Bett,ihre Hand haltend und meine Augen auf die Transfusion gerichtet.
Gegen morgen war der letzte Tropfen geflossen und ich durfte die Klingel betätigen um die Schwester zu rufen.
Dass ich mich auf dieser Station der Beliebtheit der Schwestern erfreute,
 muss ich glaub ich nicht nebenbei erwähnen.
Ich hatte eine Aufgabe und ich hatte einen Menschen an meiner Seite,der mich brauchte.
Einen Menschen der morgens ,wenn er seine Augen öffnete und in mein Gesicht sah , strahlte.
Ich vergaß all die Schmerzen und all die Sorgen die ich hinter mir hatte und die mir bestimmt noch bevorstanden.
Gerne hätte ich Ewigkeiten in diesem Krankenhaus mit dieser alten Frau zusammengelebt.
Gerne hätte ich ihr mein Leben und meine Zukunft geschenkt und ihre verbessert.
Nur leider ist das Leben kein Märchenbuch. Bei der morgendlichen Visite eröffnete mir der Arzt, dass es nun an der Zeit sei mich wieder zu entlassen.
Nach Hause.
Es gab kaum einen Moment in meinem Leben in dem ich mich mehr gefürchtet habe wie in diesem Moment.
Ich packe meine Sachen zusammen suchte meine Buskarte raus verabschiedete mich bei meiner Familie.Meiner lieben alten Oma.
Es war unser letzter Abschied.
Als ich zu Hause war, schlug mein Herz bis in den Kopf hinein. Ich öffnete die Tür trat hinein.
Einige Gäste saßen an den Tischen und aßen zu Mittag.
Der kühle Osten!
"Na schau mal einer an, ist die kleine Nutte wieder zu Hause?"
"Wenn wir gewusst hätten das du dir das Leben nehmen möchtest, dann hätten wir dafür gesorgt dass du die richtigen Medikamente genommen hättest.Selbst dafür bist du zu blöd."
Willkommen zurück im Leben.